Eigentlich wollte Milo Rau den letzten der drei Stalinistischen Schauprozesse 1938 als Theaterprojekt nachstellen. Doch als er in Moskau recherchierte, wurde die Band Pussy Riot wegen eines provokativen Auftritts in der Erlöser-Kathedrale festgenommen und drei der Musikerinnen in einem Schauprozess abgeurteilt – der dritte in einer Reihe spektakulärer Prozesse gegen Künstler:innen in Putins Russland der 2010er-Jahre. Milo Rau nahm diese Entwicklung zum Anlass, einen fairen und tatsächlich offenen Strafprozess nachzustellen mit realen Protagonist:innen, als Staatsanwalt den bekannten putintreuen Fernsehmoderator Maxim Schewtschenko mit einer Richterin, mit Angeklagten und Anklägern, faschistischen Kunstfeinden, Vertretern der orthodoxen Kirche, mit Todesdrohungen und den Versuchen von außen, das Kunst-Event abzubrechen, mit Künstler:innen, Ausstellungsmacher:innen und der Pussy-Riot-Musikerin Jekaterina Samuzewitsch. Ein beeindruckendes und gerade heute erschreckend-erhellendes Zeitzeugnis einer sich zuspitzenden russischen Radikalisierung, zu deren Folgen auch der Ukraine-Krieg gehört.
Die Reihe "NRW Independents" wird gefördert vom Kulturamt der Stadt Köln.
Produzent Arne Birkenstock ist für ein anschließendes Filmgespräch zu Gast.